Die Bürger in der Bundesrepublik sind in Bewegung geraten wie seit den achtziger Jahren nicht mehr. Ihre Proteste haben das Zeug, ungeahnte Dynamiken zu entwickeln – siehe Stuttgart 21 – und sind in der Lage, über Jahrzehnte hinweg organisierten Einspruch zu erheben – ein Blick zu den Atomkraft-Gegnern ins Wendland genügt. Im Kleinen wie im Großen – Proteste sind überall. Nur unser Wissen über sie ist gering. Oft bleibt es beim pauschalen „Wutbürger“, um die neuen Bürgerprotestler zu beschreiben. Die BP-Gesellschaftsstudie stößt in diese Lücke und beantwortet umfassend die Frage: Was treibt diese vermeintlich neuen Protestbürger an? Was motiviert sie? Wie gestalten sie ihren Protest real?
Um diese Fragen zu beantworten, hat das Göttinger Institut für Demokratieforschung ein großangelegtes Projekt über Protestbewegungen in Deutschland durchgeführt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren dafür 2012 bundesweit unterwegs, beobachteten Demonstrationen, Mahnwachen und Versammlungen, interviewten einzelne Aktivisten vor Ort und führten Gruppendiskussionen durch, um so Beweggründe, Einstellungen und Motive der Aktiven aufzuspüren. Entstanden ist ein tiefer Einblick in die aktuelle Protestlandschaft mit den Aktivisten im Zentrum des Interesses. Wer ist hier aktiv? Wie blicken sie auf Politik und Parlament? Wie organisieren sie sich und ihren Protest? Was sind ihre Wünsche und Utopien? Und was verbinden sie mit Demokratie und Staat, mit Werten wie Freiheit und Gerechtigkeit, nicht zuletzt mit einer „guten Gesellschaft“? So lauteten die übergeordneten Fragen.
Die Autoren machten sich kundig in den Camps von Occupy, bei den Gegnern von Infrastrukturprojekten, bei den Organisatoren der Einsprüche gegen diverse Vorhaben im Kontext der Energiewende, den Kontrahenten von Schulreformen, den Anti-Atom-Aktivisten, den Mitinitiatoren von Internetkampagnen und der Gegner des Euro sowie den Protagonisten satirischer Protestgruppen. Die Studie besteht somit aus acht Einzelbetrachtungen. Sie ist im Februar 2013 als Buch im Rowohlt Verlag erschienen; gefördert wurde sie von der BP Europa SE.