Braunes Postengeschacher

[kommentiert]: Benjamin Mayer und Ulf Meyer-Rewerts über den Fusionsstopp von NPD und DVU.

Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte: Zwei rechtsextreme Parteien, die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) und die Reste der zerfallenden „Deutschen Volksunion“ (DVU), wollen fusionieren. Doch nun wurde das Projekt vom Landgericht München gestoppt – wegen „demokratischer Mängel“ in der vorhergehenden Urabstimmung unter den DVU-Mitgliedern. Es ist der vorübergehende Höhepunkt einer Parteifusion mit wenigen Gewinnern, die in der DVU so recht keiner will.

Natürlich liegt hierin nicht der Anfang einer wundersamen demokratischen Wende der extremen Rechten. Vielmehr zeigt sich, dass die von der NPD als Übernahme eines Konkurrenten betriebene Fusion in Teilen der DVU auf wenig Begeisterung stößt: Das Verfahren, das zu dem Fusionsstopp führte, war aus den Reihen der DVU selbst initiiert worden. Die Landesverbände Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin hatten bemängelt, dass die Mitgliederbefragung Ende vergangenen Jahres manipuliert gewesen sei. Laut Max Branghofer, dem DVU-Vorsitzenden in NRW, seien die Fragebögen viel zu spät bei einigen Mitgliedern eingetroffen, so dass nicht jedes Parteimitglied seine Meinung hatte äußern können. Der Beschluss des außerordentlichen DVU-Parteitags Mitte Dezember – gesichert vom NPD-Ordnungsdienst –, auf dem der Antrag zur Fusion angenommen worden war, sei somit ungültig. Schon damals hatte eine Gruppe um Branghofer den Parteitag aus Protest verlassen. Es stellt sich also die Frage nach den Profiteuren und Gegnern der Fusion.

Die DVU ist seit Jahren eine marode Partei. Hochverschuldet, ist sie in ihrer Mitgliederstruktur vollkommen überaltert. Von den einstmals deutlich über 20 000 Mitgliedern der 1990er Jahre sind lediglich zwischen 3.000-4.000 übrig (hier schwanken die Angaben). Das geplante Zusammengehen mit der NPD würde also keine Fusion auf Augenhöhe bedeuten – vielmehr wäre es ein Anschluss der DVU an die Nationaldemokraten. Entsprechend sehen die Fusionspläne der NPD vor allem vor, möglichst viele Mitglieder der DVU zum Übertritt zu bewegen. Die gleichfalls notorisch klamme NPD möchte ebenso wenig wie die DVU-Schulden, die inzwischen getilgt sind, deren Programm übernehmen.

Eigentlich geht es um die Verteilung von Posten. Vor allem der frühere DVU-Bundesvorsitzende Matthias Faust stand bereits lange in der Kritik, als die Fusion beschlossen wurde. Unter seiner Führung blieben Wahlerfolge aus, und der Landesverband NRW betrieb gar seine Ablösung. Im Zuge des Fusionsbeschlusses wurde der angeschlagene Faust stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD und hatte sich damit vom sinkenden Schiff DVU hinübergerettet auf einen hohen Posten der erfolgreicheren NPD.

Die Vorsitzenden der Landesverbände, die den Fusionstopp erwirkten, fürchten hingegen um ihre Stellung. Zumindest Branghofer scheint hier über einen „Plan B“ zu verfügen: Er nähert sich inzwischen der nordrhein-westfälischen „Pro-Bewegung“ an.

Dass die Fusion aber auch in der NPD durchaus kritisch gesehen wird, bezeugte der Bundesparteitag im November vergangenen Jahres, bei dem der Applaus nach einer Rede Fausts sehr verhalten ausfiel. Hier wirkte das bis dato konflikthafte Verhältnis zwischen DVU und NPD nach, das auch von Faust regelmäßig befeuert worden war.

Dennoch dürfte es sich lediglich um eine Verzögerung im Einigungsprozess der beiden rechtsextremen Parteien handeln. Während die DVU mittlerweile praktisch aufgelöst ist und keine andere Wahl mehr hat, als der Fusion zuzustimmen, gibt es für die NPD keinen Grund, den Konkurrenten DVU weiterhin zu dulden und auf neue Mitglieder zu verzichten. Viele dürften es allerdings nicht werden: Die Anzahl der Antragssteller wird aufgrund von Karteileichen, Unwilligen oder Desinteressierten sehr deutlich unter der Mitgliederzahl der DVU bleiben.

Eine starke, neue Rechtspartei bleibt Deutschland somit in jedem Falle erspart. Zu hoch waren die Widerstände in der DVU, und zu desolat ihr Zustand. Allerdings dürfte es der NPD mit der Fusion gelingen, ihre Vormachtstellung im rechtsextremen Spektrum weiter auszubauen, denn mit der DVU verschwindet letztlich auch ein politischer Gegner.

Ulf Meyer-Rewerts ist studentische Hilfskraft am Göttinger Institut für Demokratieforschung. Benjamin Mayer ist Politikwissenschaftler.